2017
Der in Berlin lebende Kiinstler Steve Sabella verarbeitet Fotos mit Fresken aus Jerusalem Im Sommer 2005 wurde Steve Sabella in Gaza von maskierten Mannem verschleppt. Die Kidnapper hielten den Klinstler mit dem langlicheri schwarzen Haar fur einen italienischstammigen Israeli. Als Geisel sollte er fur einen palastinensischen Militaroffizier ausgetauscht werden, der am Tag zuvor entfiihrt worden war. Sabella, der fur ein Fotoprojekt der UN in die Stadt gekommen war, fand sich in einem abgedunkelten Zimmer wieder. Auf Arabisch redete er auf seine Entfiihrer ein. Er erzahlte von seinem Leben, seiner Frau und seinem Kind in der Schweiz. Er erzahlte von seiner Kunst, verteilte Visitenkarten. Als das Auto der Geiselnehmer auf der Flucht stecken blieb, stieg er sogar aus und half beim Schieben. Sein Verhalten war nicht so sehr Kalklil oder Stockholm-Syndrom. Als arabisch sprechender, in Jerusalem geborener Christ mit italienischem Namen bewegte sich Sabella in seiner von Segregation gepragten Heimat schon in friihester Kindheit zwischen den Stlihlen.
Sein Werk begreift der seit acht Jahren in Berlin lebende Fotograf auch als Exilkunst: Er fiihle sich wie ,,ein Nomade, auf der Suche nach einer universellen Identitat", schreibt er in seiner mit mehreren Buchpreisen ausgezeichneten Autobiografie ,,The Parachute Complex" (Kerber Verlag). Die auf islamische Kunst spezialisierte Bumiller Collection zeigt nun im ,,Fragments" betitelten dritten Teil ihrer ,,Contemporary-InterventionsReihe" Sabellas Auseinandersetzung mit der jlingeren Geschichte seiner Heimat. Sie ist eng mit seiner eigenen verwoben. 2009 mietete sich Sabella in einem einst von Palastinensem bewohnten Haus . ein, das mittlerweile das Zuhause einer israelischen Familie geworden ist. Wochenlang machte er dort Fotos von alltaglichen Gegenstanden, Kacheln, Besteckkasten, Familienportrats, den Fenstem, den Baumen im Garten. Flir die Serie ,,38 Days Of Re-collection" druckte er die Schwarz-WeiBFotografien in einer aufwendigen Pro-zedur auf abgetragene Farbschichten, die er wiederum aus alten Hausem. der Jerusalemer Altstadt in Feinarbeit von den Wanden abgetragen hatte. In der Schau liegen diese bedrock ten Wandfragmente nun wie Artefakte in Glaskasten, Bruchstucke der Erinnerung, sepia-, rost- oder lehmfarben. Zusammengenommen wirken die Splitterfresken wie ein Fotoalbum aus der Asche, nicht nur Zeitzeugnis, sondem Objekt kollektiver und <loch personlicher Geschichte. ,,Ich war erstaunt, wie viel diese Bruchstucke erzahlten Uber Jerusalem, Heimat, Besetzung, Exil und Rlickkehr", schreibt Sabella in seinen Erinnerungen.
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